15 Jahre Europäischer Charta der Regional- oder Minderheitensprachen
Europa ist ein Kontinent der Vielfalt von Regionen, Traditionen, Mentalitäten, Religionen und Sprachen. Die verschiedenen Perspektiven auf diese Heterogenität und den Umgang mit ihr sowie deren Auswirkungen prägen sehr stark das Europabild und dessen Geschichte.
Der Rückgang der Regional- oder Minderheitensprachen im Europa des 20. Jahrhunderts war der Grund dafür, dass sich der Europarat in den 1980er Jahren mit der Frage der Anzahl der Sprachen, den Bedingungen für ihren Gebrauch und den Rechten der Sprachbenutzer befasste. Der Europarat suchte nach konkreten Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung des lokalen Gebrauchs von Minderheitensprachen. Nach jahrelangen Debatten und Arbeit einer Expertengruppe wurde ein internationaler, regionaler und multilateraler Vertrag geschaffen. Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen wurde 1992 in Straßburg ausgearbeitet und den Mitgliedsstaaten des Europarates zur Unterzeichnung vorgelegt.
Die Republik Polen unterzeichnete die Charta am 12. Mai 2003, ratifizierte sie aber erst mehrere Jahre später. Die Charta trat in Polen am 1. Juni 2009 in Kraft. Sobald sie in Kraft ist, ist der Text der Charta für den Mitgliedsstaat im Umfang seiner Ratifizierung verbindlich.
Die Charta bietet eine Grundlage für eine innerstaatliche Vereinbarung zwischen den Gemeinschaften, die Regional- und Minderheitensprachen sprechen, und der öffentlichen Verwaltung. Die Charta ist für die Aktivitäten aller nationalen Minderheiten in Polen und Europa sehr wichtig, da sie angemessene Garantien und konkrete Leitlinien für den Schutz und die Entwicklung der Minderheitensprache bietet und dem Staat hilft, Normen und Grundsätze zu entwickeln, mit denen er den Schutz dieser Sprachen unterstützen kann.
Im Zusammenhang mit dem zyklischen Monitoring der Umsetzung der Charta durch den Europarat und angesichts der Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates, insbesondere der wiederholten Empfehlungen zur Verbesserung der Situation der deutschen Sprache als Minderheitensprache, erarbeitete der Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) im Jahr 2021 eine schriftliche Stellungnahme, die Anmerkungen und Forderungen zur Umsetzung der Charta durch die polnische Seite aus Sicht der Organisationen der Deutschen in Polen enthält (siehe: „Der Weg zur sicheren Zukunft der deutschen Sprache“).
In seiner Stellungnahme wies der Verband auf die Notwendigkeit hin, einige der Richtungen der Umsetzung der Charta zu ändern und schlug konkrete Lösungen vor. Er hofft, dass die Postulate bei dem Monitoring sowie bei der Umsetzung der Empfehlungen und der Gesetzgebung in diesem Bereich durch die Behörden der Republik Polen berücksichtigt werden. Der Verband ist sich bewusst, dass viele der Postulate eine Gesetzesanpassung erfordern, aber gemeinsam mit der gesamten nationalen Minderheitengemeinschaft ist er seit langem der Meinung, dass eine Diskussion zu diesem Thema geführt werden muss, wenn nach der schwierigen Geschichte der Volksrepublik Polen Deutsch als Sprache der deutschstämmigen Bevölkerung in Polen erhalten bleiben soll, insbesondere in den mit ihr kulturell verbundenen Regionen: in Schlesien, Pommern, Ermland und Masuren. Und genau das ist das Ziel der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen und der erklärten Minderheitenpolitik der Republik Polen.